Sonntag, 27. März 2011

What's up Obama?

Obama

Anfang März, zwei Tage schulfrei, drei Tage unterwegs, sieben Stunden im Auto, etliche Meilen zu Fuß, White House, Pentagon, Kapitol, Kunst und Naturmuseum; so würde die Kurzfassung für unseren „Halbjahresausflug“ mit den anderen Austauschschülern aussehen.

Detaillierter sah es wie folgt aus. Donnerstags ging es los, nach einem Polizeistopp und drei Stunden Fahrt stand eine Führung durch das U.S Capitol an. Am nächsten Tag ging es zu einer Führung durchs Pentagon. Erstaunlich aber wahr, dort sind auf fünf Stockwerken 25.000 Arbeiter, 25 Kilometer an Gängen, 109434 Kilometer Telefonkabel, 350 Toiletten und knapp 700 Wasserfontänen untergebracht.


Später ging es dann zum weißen Haus – in welchem sich zur gleichen Zeit der Präsident aufhielt und wenig später ein Helikopter im Garten landete. Glücklicherweise wurde ich auch ohne Reisepass durch die Sicherheitskontrolle gelassen. Ehrlich gesagt war ich ziemlich enttäuscht. Kein Präsident der mich locker flockig mit einem High Five begrüßt und auch keine First Lady die auf dem roten Teppich Schnittchen verteilt. Außer Sicherheitspersonal, hochgeschlagenen Teppichen, zusammen geschobenen Stuhlreihen und asiatischen Reisegruppen gab es nicht viel zu sehen. Aber immerhin – Obama, welcher sich während unserer Führung im Obergeschoss aufhielt, war maximal 50 Meter von mir entfernt. 



 Auf dem Vorhof gab es dann die üblichen Dauerdemonstranten; Trotzdem immer wieder interessant mit anzusehen. Am letzten Tag gingen wir dann noch für 2 Stunden in die größte Mall die ich bisher gesehen habe. Im Eilschritt hat es etwa 25 Minuten gedauert um planlos von der einen Seite zur anderen zu gelangen. Nur mal als Vergleich, die Architektur des Pentagons erlaubt es, dass dort jeder beliebige Punkt in genau siebeneinhalb Minuten erreicht werden kann.


Und damit verabschiede ich mich live aus dem Pentagon!

See y'all

Max

Donnerstag, 13. Januar 2011

Santa, oh Santa.


Einmal im Jahr ist es bekanntlich ja soweit. Weihnachten stand vor der Türe. Passend dazu kam dann auch der erste Schneefall – eine wirklich besinnliche Kombination. Schon seit Monaten hatten sich, von den meisten unbemerkt, rot-weiße Zuckerstangen, Lebkuchenhaus Bausätze und Christbaumschmuck in die Ladenregale geschlichen. Das Sortiment an Weihnachtsmännern war ebenfalls durchaus interessant anzusehen. So wurden die bärtigen Mützenträger neben der obligatorisch rot-weiß Kombination auch in pinkem, blauem, silbernem Gewand verkauft. Die wohl bizarrste Variante war ein überlebensgroßer, dunkelhäutiger Santa Claus, welcher vollends in Satinstoff mit Leopardenmuster gekleidet war.



Eine echte Amerikanische Spezialität sind neben Weihnachtsmann und Pfefferminz Plätzchen auch die alljährlichen Weihnachtskarten. Da es eher unüblich ist, mit jeglichen Verwandten im selben Bundesstaat zu leben, so werden jedes Jahr im Dezember Karten an Familie, Freunde, Nachbarn, Lehrer, Hausarzt, Wrestlingcoach oder Fensterputzer verschickt. Nicht selten verschönern ausgefüllte Briefumschläge im hohen zweistelligen Bereich in der Adventszeit das typisch amerikanische Wohnzimmer. Dabei machen es sich viele Menschen verhältnismäßig einfach – Weihnachtskarten werden in 20er Packungen mit gleichem Motiv und der passenden Anzahl Briefumschläge schon gegen Ende Oktober in jedem Wal-Mart verkauft. Wer es persönlicher mag, der wendet sich an einen der zahllosen Onlinedruckdienste. Dort wird das zuvor ausgewählte und hochgeladene Familienfoto auf beliebig viele Postkarten gedruckt und pünktlich, bis an die Haustüre geliefert. Schnell noch ein „Dear Uncle ….“ eingefügt und unterschrieben – und schon  ist man von einer seiner jährlichen Pflichten entbunden. Das Leben kann ja so einfach sein.

Eines lieben Amerikaner allerdings noch mehr als bergeweise, prachtvoll verzierte Geschenke zu bekommen: Diese zwei Tage später wieder umzutauschen. So wird für den 27/28. mit ähnlich hohem Umsatz gerechnet wie am „Black Friday“, dem offiziellen, amerikaweiten Winterschlussverkauf. Die passende Überschrift hätte wohl eher „Kommerzieller Weihnachtswahn“ lauten sollen. Ein weiteres Phänomen ist die Tatsache, dass Geschenke am 25. und grundsätzlich morgens geöffnet werden. Zwar befinden sich diese schon am Abend zuvor unter dem Christbaum, jedoch fängt sich jedes Kind das sich diesem Stapel auch nur auf zwei Meter nähert, einen strafenden Blick der Eltern ein. Passend um acht Uhr wurde ich dann von meinen Gastgeschwistern mithilfe einer Sirenen Applikation für den Ipod aus dem Bett geholt. Mental noch ganz benebelt stolperte ich also die Treppe herunter, um mich Santas Gaben zu widmen.

Die Bescherung fiel um einiges größer aus als ich erwartet hatte. So 
wurde die Katze Geschenke technisch als vollwertiges Familienmitglied angesehen, verschenkte und bekam die eine oder andere Gabe. Ich staunte nicht schlecht als ich unter all den anderen Paketen auf einmal ein Päckchen fand, welches liebevoll mit „From Mr. Lazy to Max“ adressiert war. Es enthielt Kopfhörerkabel, als Ersatz für die, welche der Vierbeiner ein paar Tage zuvor in einem spontanen Wutanfall massakriert hatte.

Persönlich hat mir meine erste weiße Weihnacht sehr gut gefallen. Meine Gastschwester kam für ein paar Tage aus dem Internat, es wurde zwar wenig unternommen, dafür jedoch umso mehr gegessen und geschlafen. Über die Geschenke meiner Gastfamilie habe ich mich ebenso gefreut, als über die meiner „richtigen“ Familie, welche ein paar Tage später per Post nachkamen. Neujahr und „den großen Wechsel“ gibt es dann im nächsten Eintrag.


Frostige Grüße aus Lexington, Max


Sonntag, 5. Dezember 2010

Truthahn und Weihnachtsmann

Ein frostiges "Hallo" aus dem Osten Amerikas!


In der Zwischenzeit ist wirklich viel passiert. Auf der einen Seite ist die Cross Country Saison mittlerweile zuende, worüber ich mich zuerst gefreut habe. Als ich dann mit Track, Leichtatlethik würde man in Deutschland sagen, konfrontiert wurde ist die Freude über mehr Zeit zwischen Schule und Bett dann schnell verflogen. Wir trainieren nämlich draußen, komme was wolle, und seit ein paar Wochen wird es von Tag zu Tag merklich kälter. 


So richtig konfrontiert wurde ich mit der kalten Jahreszeit allerdings erst nach einem ebenso stresslosen wie auch kalorienreichem Ereignis. Dem amerikanischen Thanksgiving. Fünf Tage schulfrei, nur um dafür zu sorgen, dass laut WHO Amerika auch weiterhin mit 66,7 Prozent an Übergewichtigen auf Platz drei bleibt. Nein, aber ohne Ironie, es war ein echt nettes Fest! Traditionell gab es Bohnen, Süßkartoffeln, Kartoffelpüree, Apfelmus und "Stuffing" sowie natürlich einen Truthahn mit Raspberry sauce.




Meine Gastfamilie ist übrigens nicht gewachsen, das junge Ehepaar zur Linken und die kleinen Kinder im Hintergrund sind Cousinen und Cousins. Der Truthahn wurde übrigens nicht frittiert, sondern landete für ein paar Stunden im Backofen um sicherzugehen, dass er auch bis zur letzten Zelle tot ist. 


Mit der Hygiene haben es übrigens einige Amerikaner; GermEx nennt sich die Substanz die in jedem Klassenraum, Restaurant oder Supermarkt zu finden ist und deren Name mich zuerst stutzig gemacht hat. Seltsam, dass das englische Wort für "Krankheitserreger" den gleichen Ursprung hat wie der Begriff für einen Deutschen. Hände waschen wird nach einem Duschgang in Desinfektionsmittel übrigens nichtmehr für nötig empfunden, ganz egal was da noch an den Fingern klebt. Lebendig ist es schließlich definitiv nicht mehr.


Und noch etwas hat das Bild von Lexington maßgeblich verändert - Weihnachten! Bunte Banner und Lichterketten in den Bäumen, zwei riesige Statuen im mit einhundert Quadratmetern ziemlich mageren Stadtpark, und Santa, wohin das Auge reicht. Ob klassisch in rot, in blau, oder ganz modern im Leopardenmuster Mantel, für jeden Geschmack ist was dabei. Von Nikolaus oder Sankt Martin hat man jedoch noch nie etwas gehört. Freitag gab es dann den ersten Schnee, und damit zeitlich passend einen Handyanruf vom "RCHS SnowAlert System". In Zukunft werde ich nun um 6 Uhr angerufen und bekomme mitgeteilt, dass ich weiterschlafen kann. Irgendwie paradox. Ich freue mich jedenfalls schon auf unser erstes Mal schulfrei, letztes Jahr gab es wohl über eine Woche schneefrei. 


Dieses Wochenende war dann auch mal wieder ein bisschen aktiver, die Anzahl der Abercrombie und Hollister Tüten im Schrank hat sich auf fünfzehn vermehrt, danach gab es Pizza und GTA auf der XBox - nur um mal wieder ein paar Vorurteile zu bestätigen.


Weihnachtliche Grüße, 
Max


P.S. Jetzt gibt es auch ein Flickr Fotoalbum, das zwar wenig Gesichter, dafür aber einige mehr oder weniger interessante Fotos aus der Region zeigt.

Samstag, 13. November 2010

A bucket with guts.

Hey.


Zuerst habe ich ihn skrupellos gekidnappt. Hilflos verschleppt landete er dann auf dem Obduktionstisch wo ich ihm bei lebendigem Leibe die Schädeldecke geöffnet habe - langsam und sorgfältig, mit einer kleinen Stichsäge - es bestand kein Grund zur Eile. Der Geruch von Tod und Verwesung breitete sich im Raum aus als ich mit beiden Händen in seinen skalpierten Körper hineinlangte um sein Innenleben zu entfernen.


Richtig, die Rede ist vom Kürbisschnitzen. Ausgesehen hat das Resultat übrigens so:





Aber auch Halloween ist nicht mehr besonders aktuell. Wer sich bei Facebook über meine seltsamen Verlinkungen gewundert hat sei aufgeklärt; als "Aladin" (selten authentisch) habe ich circa vier Stunden lang Süßes an kleine Kinder verteilt, welche, ebenfalls verkleidet, durch die Schule spazierten.


Wesentlich aktueller sind da doch  ein Paar andere Eindrücke; in Amerika fühlt man sich grundsätzlich  keimverseucht. Der Grund für dieses Gefühl ist Desinfektionsmittel welches sich in nahezu jeder öffentlichen Einrichtung findet. Handsantisizer in Klassenräumen, Restaurants, Banken, mit Aloe Vera, Geruch oder in knalligen Farben. Nur mit Geschmack habe ich ihn noch nicht entdeckt. 


Außerdem wird mir von Tag zu Tag klar, in was für einer ländlichen Gegend hier gelandet bin. Nicht selten trifft man Jugendliche, die stolz von ihren drei geschossenen Rehen letztes Wochenende reden und versuchen, damit anzugeben - Wow. Das beeindruckt mich ungefähr soviel, als wenn sie mir sagen würden, dass sie schonmal auf einem Schwein geritten sind oder eine Kuh gestreichelt haben. Wie lächerlich. Per Gesetz ist es in West Virginia
 übrigens erlaubt, Roadkill (überfahrene Tiere) als Abendessen mit nach Hause zu nehmen. Sollte man jenes allerdings zum Frühstück verspeisen, kann man mit gerichtlichen Kosequenzen rechnen.


Zusätzlich steht mindestens die Hälfte der Leute auf Country Musik und spielt Banjo. Auch wenn es einem zunächst sehr auf die Nerven geht, man gewöhnt sich daran, dass im Auto bevorzugt "Bluegrass" läuft. Glücklicherweise hält meine Hostfamily genausoviel von dieser Musikrichtung wie ich.


Durchaus lustig ist im Vergleich dann doch die Amerikanische Werbung. Hier gibt es kein Verbot, die Produkte anderer Hersteller direkt zu vergleichen. Sprich; es ist nichts umgewöhnliches wenn mit "dreimal so viel Fleisch wie bei Subway" oder "doppelt soviel Auswahl wie bei Burgerking" geworben wird. Ansonsten wird gerne auch mal hoffnungslos übertrieben:





Sehr fürsorglich ist übrigens die Warnung unten rechts. "Do not attempt". Nee, wirklich? Aber mit Hinweisen haben es die Amerikaner nun einmal. Da hier nur Leitungswasser mit Eis getrunken wird, ist Sprudelwasser (aka Club Soda) eine echte Rarität und trägt ebenfalls einen dicken Schriftzug "Caffeine Free" auf der Rückseite. 


So, das war es erstmal für heute. 


Herbstliche Grüße aus dem immernoch 18 Grad warmen Lexington.









Donnerstag, 28. Oktober 2010

"Hi, my name is Jack. Have you ever been recruited by Abercrombie?"

 New York, Teil Zwei:

Was haben ein Bauernmarkt und ein Apple Store gemeinsam? Beide bieten die Möglichkeit sich einen Macintosh zuzulegen. Diese und andere Eigenarten der Amerikaner beobachtete ich am nächsten Tag. Auf dem Weg zur Mall besuchten wir kurz meine "Gasttante", welche ihr Geld unter Anderem mit dem Bewirtschaften einer gigantischen Apfelplantage verdient. Dennoch hätte ich Steve Jobs für kreativer gehalten als dass er sich bezüglich seiner Namensgebung an Früchten orientiert. Mc Intosh nennt sich eine Apfelgattung welche zum Rohverzehr perfekt, zum Kochen und Backen jedoch nur bedingt geeignet ist.



Glücklicherweise sind nicht alle Amerikaner so unkreativ. Bezüglich einer Sache sind sie sogar unglaublich einfallsreich - dem so genannten "Fund Raising". Aus Ermangelung einer vernünftigen deutschen Übersetzung erkläre ich das Wort einmal aus dem Zusammenhang heraus. Fund Raising bezeichnet den Weg Geld zu sammeln um damit einen mehr oder weniger vernünftigen Verwendungszweck zu unterstützen. Eine der interessantesten Methoden wird dabei von der Amerikanischen Brustkrebs Vorsorge angewandt - und richtet sich weitestgehend an den männlichen Teil der Bevölkerung.

"I <3 Boobies" (Keep a breast) lautet der Spruch auf den kleinen Gummibändchen die in jedem gut sortierten Skater Laden zu finden sind. Als Mann sieht man sich da geradezu gezwungen zuzuschlagen. Die Kosten von 5 Dollar fließen dabei nahezu komplett in den Amerikanischen Brustkrebs Forschungsfond. Aus meiner Sicht eine sehr gute Idee die ich dann doch glatt unterstützen musste.

Ein weiterer interessanter Laden ist "Spencers". Dort wird all das verkauft, was im prüden Amerika eigentlich der Zensur unterliegen sollte. Hinter dem harmlosen Image eines Giftstores findet man dort Scherzartikel, Zubehör für diverse Praktiken und Kostüme, welche ausnahmslos aus erstaunlich wenig Stoff bestehen, tiefe Einblicke bieten und deren Verwendungszweck dem Kunden überlassen ist. Kurzum: Spencers bietet all das, was einen Teenager (mehr oder weniger) peinlich berührt zum Lachen bringt. Verkauft wurde all dies übrigens von einem Mann mittleren Alters, welcher wortkarg mit Tütü, Plüschteufelshörnern und Leggings hinter dem Tresen stand.

Der für mich aber lustigste Teil des Tages ereignete sich aber beim Betreten eines Abercrombie & Fitch Ladens. Zuerst war ich relativ verdutzt, als ich dort nach kurzer Zeit mit Handschlag von einem Verkäufer begrüßt, und gefragt wurde, ob ich schon einmal von Abercrombie "rekrutiert" worden bin. Als ich verneinte, tat er ganz verwundert und fuhr fort, ob ich nicht Interesse hätte bei ihnen anzufangen. Leider habe ich ihn dann aufklären müssen, dass ich nicht in New York wohne und nur für einen Austausch hier bin. Dennoch, ich sehe das ganze mal als Kompliment. Wer kann schon behaupten mal von Abercrombie angeworben worden zu sein.

Was ein Smore ist und warum New York eigentlich den Spitznamen "Big Pumpkin" tragen sollte erfahrt ihr dann im nächsten Post!


Dienstag, 26. Oktober 2010

Viele Äpfel in New York


Hallo zusammen.

Nachdem ich nun beinahe zweieinhalb Monate nicht mehr außerhalb von Virginia gewesen bin, wurde es mal wieder Zeit ein bisschen von der Welt zu sehen. 

Dieses Mal ging die Reise kreuz und quer durch New York State - vom eigentlichen Big Apple habe ich jedoch reichlich wenig mitbekommen. Glücklicherweise hatten wir Donnerstag und Freitag schulfrei, was wohl der amerikanische Weg ist, sich nach der dreitägigen Klausurphase an den Schülern zu revanchieren.

An unserem ersten Ziel wurden wir von einem älteren Ehepaar, einer Horde Holzgiraffen und einem Battalion Nussknacker begrüßt. Letztere variierten bezüglich ihrer Größe zwischen dreißig Zentimetern und überlebensgroßen 1,95. Erstaunlicherweise blieb ihre Anzahl mit geschätzten 40-50 Stück pro Stockwerk erstaunlich stabil.

Abendessen gab es beim neureichen Cousin meiner Gastmutter, dessen Hobby es wohl ist, Elektrogeräte der Marke Apple im hohen dreistelligen Bereich in der Küche zu horten. Alles in Allem war die Familienkonstellation reichlich verwirrend. So liefen im Haus neben fünf Erwachsenen auch noch unzählige Kinder herum, welche alle auf irgendeine Weise verwandt oder verschwägert waren und sich minütlich vermehrten, dezimierten oder gänzlich verschwanden.

Am nächsten Morgen hat es geschneit. Ehrlich gesagt fand ich das ziemlich seltsam, immerhin ist es erst Ende Oktober. Wir also wieder rein in unseren Audi Q6, Sitzheizung eingeschaltet und Laptop eingeschaltet. Autofahrten verfliegen wirklich schnell, wenn man die Zeit mit stupiden Strategie Spielen totschlagen kann. Habe ich schon erwähnt, dass man auf einem Grossteil der amerikanischen Highways kostenlose Wifi Netze findet?

Unsere zweite Nacht haben wir dann beim Haus eines weiteren Cousins, seinen Söhnen, seiner lautstarken Freu und ihrem noch lautstärkeren Papageien verbracht. Letzterer wurde mehrmals erfolgreich mit Pommes ruhig gestellt - bei seiner Besitzerin war der Versuch jedoch wesentlich weniger erfolgreich. Wenigstens die zwei Söhne hatten schon einmal etwas vom Begriff Zimmerlautstärke gehört. Obwohl einer von ihnen apathischer Call of Duty Patriot sowie Softair Veteran ist und der andere die vergangenen elf Jahre wohl mehr oder weniger schweigend verbracht hat, waren sie beide ganz nett. Einen von ihnen haben wir Samstagmorgen dann noch mit in die Mall genommen. 

Warum ich dort fünf Dollar für ein kleines Stück Gummi ausgegeben habe und weshalb ich eine Zukunft als Abercrombie Model abgelehnt habe erfahrt ihr dann morgen, in einem neuen Post.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Schulstolz und Klassenkampf

Hey!


Diese Woche ist einfach soviel abstrakter Kram passiert, da wurde es einfach wieder Zeit für einen neuen Post!


Ich fange mal mit einem Statement an: Amerikaner mögen nichts. Garnichts. Sie LIEBEN einfach Alles. Es ist tatsächlich unglaublich, das Verb "to like" scheint gänzlich aus den Köpfen der Amerikanern gestrichen. Man liebt Eiskrem, seinen Sitznachbar, Bäume, Wasserflaschen oder eben .. seine Schule. 


Um Letzteres der Öffentlichkeit zu präsentieren gibt man dann "liebend" gerne 200 Dollar aus, um sich ein Stückchen zurecht gebogenes Metall zuzulegen. Nennen tut sich das Schmuckstück dann "Classring", betont das schulische Engagement , den Lieblingssport und unterstreicht die maskuline Seite eines jeden Schülers durch seinen übergroßen Glasstein und seine goldene Farbe umso mehr. Damit den zukünftigen Ringträgern genug Ehre zuteil wird, wird die gesamte Stufe in die Aula eingeladen und die Schüler nach vorne gerufen, wo ihnen ein unproportionaler Lehrkörper ganz romantisch den Ring über Finger streift.


Bewaffnet mit Druckbleistift und Spiralbinder traten die 200 Ringträger daraufhin den Weg durch die nächsten zwei Schuljahre an - wohl wissend, dass diese Reise ebenso gefährlich ist wie die Frodos, in J.R.R. Tolkiens Meisterwerk. Zwar dürfte die Chance, von einem wutentbrannten Uruk-Hai aus dem Hinterhalt, in Form eines Schul-Lockers, angegriffen zu werden eher gegen Null gehen und die Anzahl der Gefährten ist etwa dreihundertmal so hoch wie in der Romanvorlage. Dennoch, die Gefahr des Schulalltags ist nicht zu unterschätzen.


So haben sich in dieser Woche sage und schreibe vier epische Schlachten zugetragen. Die erste wurde mit einem dumpfen Geräusch, Marke "Essenstablett trifft mit voller Wucht auf Schädel und zerbricht dabei", eröffnet - eine Neuntklässlerin sah die Gelegenheit, ihre vierzehn Jährige Rivalin, welche sich in der Sicherheit des Mittagspause gewogen hatte, mit einer Beule und dem ein oder anderen blauen Auge zu bereichern. Es dauerte etwa anderthalb Sekunden bis der Kampf die Aufmerksamkeit der gesamten Schülerschaft auf sich gezogen hatte, welche die Beiden dann lautstark zum Gewaltexzess anfeuerte.


Am nächsten Tag nutzte eine weitere Schülerin die Gunst der Stunde um mit dem Kopf einer ahnungslosen Mitschülerin eine Glasvitrine in der Eingangshalle einzuschlagen. Inmitten der zersplitterten Überreste folgte daraufhin ein kurzer, intensiver Faustkampf - wie gesagt, zwischen zwei vierzehn oder fünfzehn jährigen femininen Homo sapiens sapiens, keinen verhaltensgestörten Barbaren.


Anscheinend klafft hier eine gewaltige Kluft zwischen Hass und Liebe. So werden die Schultoiletten neben dem Verwendungszweck als Marktplatz für diverse Güter (von denen zerbrochene Kampf-Souvenirs wie "Tablettartefakte" wohl noch die Harmlosesten darstellen) ebenfalls dazu benutzt, um sich mal zwischen Mathe und Chemie eine Runde "liebzuhaben".
Geschmäcker mögen bekanntlich variieren, aber ich kann dem Gedanken von "Kopulation" im Schulgebäude einfach nichts Romantisches abgewinnen. Der Lehrer, der den Ort des Geschehens dann fünf Minuten später betrat dachte wohl Ähnliches und  die zwei Liebenden sahen sich allzu bald mit dem Sprichwort "man sollte aufhören wenn es am Schönsten ist" konfrontiert.  


So, das reicht für heute. Schließlich brauche ich morgen meine ganze Aufmerksamkeit und vitale Körperkraft um mein Schuljahr an der vierzig schlechtesten Schule aus ganz Virginia (!!!) ohne Platzwunden, Ringkämpfe und peinliche Erfahrungen zu überstehen.


Der Max.