Donnerstag, 28. Oktober 2010

"Hi, my name is Jack. Have you ever been recruited by Abercrombie?"

 New York, Teil Zwei:

Was haben ein Bauernmarkt und ein Apple Store gemeinsam? Beide bieten die Möglichkeit sich einen Macintosh zuzulegen. Diese und andere Eigenarten der Amerikaner beobachtete ich am nächsten Tag. Auf dem Weg zur Mall besuchten wir kurz meine "Gasttante", welche ihr Geld unter Anderem mit dem Bewirtschaften einer gigantischen Apfelplantage verdient. Dennoch hätte ich Steve Jobs für kreativer gehalten als dass er sich bezüglich seiner Namensgebung an Früchten orientiert. Mc Intosh nennt sich eine Apfelgattung welche zum Rohverzehr perfekt, zum Kochen und Backen jedoch nur bedingt geeignet ist.



Glücklicherweise sind nicht alle Amerikaner so unkreativ. Bezüglich einer Sache sind sie sogar unglaublich einfallsreich - dem so genannten "Fund Raising". Aus Ermangelung einer vernünftigen deutschen Übersetzung erkläre ich das Wort einmal aus dem Zusammenhang heraus. Fund Raising bezeichnet den Weg Geld zu sammeln um damit einen mehr oder weniger vernünftigen Verwendungszweck zu unterstützen. Eine der interessantesten Methoden wird dabei von der Amerikanischen Brustkrebs Vorsorge angewandt - und richtet sich weitestgehend an den männlichen Teil der Bevölkerung.

"I <3 Boobies" (Keep a breast) lautet der Spruch auf den kleinen Gummibändchen die in jedem gut sortierten Skater Laden zu finden sind. Als Mann sieht man sich da geradezu gezwungen zuzuschlagen. Die Kosten von 5 Dollar fließen dabei nahezu komplett in den Amerikanischen Brustkrebs Forschungsfond. Aus meiner Sicht eine sehr gute Idee die ich dann doch glatt unterstützen musste.

Ein weiterer interessanter Laden ist "Spencers". Dort wird all das verkauft, was im prüden Amerika eigentlich der Zensur unterliegen sollte. Hinter dem harmlosen Image eines Giftstores findet man dort Scherzartikel, Zubehör für diverse Praktiken und Kostüme, welche ausnahmslos aus erstaunlich wenig Stoff bestehen, tiefe Einblicke bieten und deren Verwendungszweck dem Kunden überlassen ist. Kurzum: Spencers bietet all das, was einen Teenager (mehr oder weniger) peinlich berührt zum Lachen bringt. Verkauft wurde all dies übrigens von einem Mann mittleren Alters, welcher wortkarg mit Tütü, Plüschteufelshörnern und Leggings hinter dem Tresen stand.

Der für mich aber lustigste Teil des Tages ereignete sich aber beim Betreten eines Abercrombie & Fitch Ladens. Zuerst war ich relativ verdutzt, als ich dort nach kurzer Zeit mit Handschlag von einem Verkäufer begrüßt, und gefragt wurde, ob ich schon einmal von Abercrombie "rekrutiert" worden bin. Als ich verneinte, tat er ganz verwundert und fuhr fort, ob ich nicht Interesse hätte bei ihnen anzufangen. Leider habe ich ihn dann aufklären müssen, dass ich nicht in New York wohne und nur für einen Austausch hier bin. Dennoch, ich sehe das ganze mal als Kompliment. Wer kann schon behaupten mal von Abercrombie angeworben worden zu sein.

Was ein Smore ist und warum New York eigentlich den Spitznamen "Big Pumpkin" tragen sollte erfahrt ihr dann im nächsten Post!


Dienstag, 26. Oktober 2010

Viele Äpfel in New York


Hallo zusammen.

Nachdem ich nun beinahe zweieinhalb Monate nicht mehr außerhalb von Virginia gewesen bin, wurde es mal wieder Zeit ein bisschen von der Welt zu sehen. 

Dieses Mal ging die Reise kreuz und quer durch New York State - vom eigentlichen Big Apple habe ich jedoch reichlich wenig mitbekommen. Glücklicherweise hatten wir Donnerstag und Freitag schulfrei, was wohl der amerikanische Weg ist, sich nach der dreitägigen Klausurphase an den Schülern zu revanchieren.

An unserem ersten Ziel wurden wir von einem älteren Ehepaar, einer Horde Holzgiraffen und einem Battalion Nussknacker begrüßt. Letztere variierten bezüglich ihrer Größe zwischen dreißig Zentimetern und überlebensgroßen 1,95. Erstaunlicherweise blieb ihre Anzahl mit geschätzten 40-50 Stück pro Stockwerk erstaunlich stabil.

Abendessen gab es beim neureichen Cousin meiner Gastmutter, dessen Hobby es wohl ist, Elektrogeräte der Marke Apple im hohen dreistelligen Bereich in der Küche zu horten. Alles in Allem war die Familienkonstellation reichlich verwirrend. So liefen im Haus neben fünf Erwachsenen auch noch unzählige Kinder herum, welche alle auf irgendeine Weise verwandt oder verschwägert waren und sich minütlich vermehrten, dezimierten oder gänzlich verschwanden.

Am nächsten Morgen hat es geschneit. Ehrlich gesagt fand ich das ziemlich seltsam, immerhin ist es erst Ende Oktober. Wir also wieder rein in unseren Audi Q6, Sitzheizung eingeschaltet und Laptop eingeschaltet. Autofahrten verfliegen wirklich schnell, wenn man die Zeit mit stupiden Strategie Spielen totschlagen kann. Habe ich schon erwähnt, dass man auf einem Grossteil der amerikanischen Highways kostenlose Wifi Netze findet?

Unsere zweite Nacht haben wir dann beim Haus eines weiteren Cousins, seinen Söhnen, seiner lautstarken Freu und ihrem noch lautstärkeren Papageien verbracht. Letzterer wurde mehrmals erfolgreich mit Pommes ruhig gestellt - bei seiner Besitzerin war der Versuch jedoch wesentlich weniger erfolgreich. Wenigstens die zwei Söhne hatten schon einmal etwas vom Begriff Zimmerlautstärke gehört. Obwohl einer von ihnen apathischer Call of Duty Patriot sowie Softair Veteran ist und der andere die vergangenen elf Jahre wohl mehr oder weniger schweigend verbracht hat, waren sie beide ganz nett. Einen von ihnen haben wir Samstagmorgen dann noch mit in die Mall genommen. 

Warum ich dort fünf Dollar für ein kleines Stück Gummi ausgegeben habe und weshalb ich eine Zukunft als Abercrombie Model abgelehnt habe erfahrt ihr dann morgen, in einem neuen Post.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Schulstolz und Klassenkampf

Hey!


Diese Woche ist einfach soviel abstrakter Kram passiert, da wurde es einfach wieder Zeit für einen neuen Post!


Ich fange mal mit einem Statement an: Amerikaner mögen nichts. Garnichts. Sie LIEBEN einfach Alles. Es ist tatsächlich unglaublich, das Verb "to like" scheint gänzlich aus den Köpfen der Amerikanern gestrichen. Man liebt Eiskrem, seinen Sitznachbar, Bäume, Wasserflaschen oder eben .. seine Schule. 


Um Letzteres der Öffentlichkeit zu präsentieren gibt man dann "liebend" gerne 200 Dollar aus, um sich ein Stückchen zurecht gebogenes Metall zuzulegen. Nennen tut sich das Schmuckstück dann "Classring", betont das schulische Engagement , den Lieblingssport und unterstreicht die maskuline Seite eines jeden Schülers durch seinen übergroßen Glasstein und seine goldene Farbe umso mehr. Damit den zukünftigen Ringträgern genug Ehre zuteil wird, wird die gesamte Stufe in die Aula eingeladen und die Schüler nach vorne gerufen, wo ihnen ein unproportionaler Lehrkörper ganz romantisch den Ring über Finger streift.


Bewaffnet mit Druckbleistift und Spiralbinder traten die 200 Ringträger daraufhin den Weg durch die nächsten zwei Schuljahre an - wohl wissend, dass diese Reise ebenso gefährlich ist wie die Frodos, in J.R.R. Tolkiens Meisterwerk. Zwar dürfte die Chance, von einem wutentbrannten Uruk-Hai aus dem Hinterhalt, in Form eines Schul-Lockers, angegriffen zu werden eher gegen Null gehen und die Anzahl der Gefährten ist etwa dreihundertmal so hoch wie in der Romanvorlage. Dennoch, die Gefahr des Schulalltags ist nicht zu unterschätzen.


So haben sich in dieser Woche sage und schreibe vier epische Schlachten zugetragen. Die erste wurde mit einem dumpfen Geräusch, Marke "Essenstablett trifft mit voller Wucht auf Schädel und zerbricht dabei", eröffnet - eine Neuntklässlerin sah die Gelegenheit, ihre vierzehn Jährige Rivalin, welche sich in der Sicherheit des Mittagspause gewogen hatte, mit einer Beule und dem ein oder anderen blauen Auge zu bereichern. Es dauerte etwa anderthalb Sekunden bis der Kampf die Aufmerksamkeit der gesamten Schülerschaft auf sich gezogen hatte, welche die Beiden dann lautstark zum Gewaltexzess anfeuerte.


Am nächsten Tag nutzte eine weitere Schülerin die Gunst der Stunde um mit dem Kopf einer ahnungslosen Mitschülerin eine Glasvitrine in der Eingangshalle einzuschlagen. Inmitten der zersplitterten Überreste folgte daraufhin ein kurzer, intensiver Faustkampf - wie gesagt, zwischen zwei vierzehn oder fünfzehn jährigen femininen Homo sapiens sapiens, keinen verhaltensgestörten Barbaren.


Anscheinend klafft hier eine gewaltige Kluft zwischen Hass und Liebe. So werden die Schultoiletten neben dem Verwendungszweck als Marktplatz für diverse Güter (von denen zerbrochene Kampf-Souvenirs wie "Tablettartefakte" wohl noch die Harmlosesten darstellen) ebenfalls dazu benutzt, um sich mal zwischen Mathe und Chemie eine Runde "liebzuhaben".
Geschmäcker mögen bekanntlich variieren, aber ich kann dem Gedanken von "Kopulation" im Schulgebäude einfach nichts Romantisches abgewinnen. Der Lehrer, der den Ort des Geschehens dann fünf Minuten später betrat dachte wohl Ähnliches und  die zwei Liebenden sahen sich allzu bald mit dem Sprichwort "man sollte aufhören wenn es am Schönsten ist" konfrontiert.  


So, das reicht für heute. Schließlich brauche ich morgen meine ganze Aufmerksamkeit und vitale Körperkraft um mein Schuljahr an der vierzig schlechtesten Schule aus ganz Virginia (!!!) ohne Platzwunden, Ringkämpfe und peinliche Erfahrungen zu überstehen.


Der Max.



Sonntag, 3. Oktober 2010

Von "Homecoming" und anderem "Herumgegrinde"

Hey! 

Irgenwie ist Homecoming ulkig. Ja, das Wort passt. Ich denke man kann es wie folgt beschreiben: Zuerst wird sich ordentlich aufgedonnert, dann werden durchschnittlich 150 Fotos geschossen, von denen der Großteil später bei Facebook landet, danach fährt man zur Schule und lässt während der Party das frei, was sich an das Jahr über so an sexueller Energie aufgestaut hat. Ungelogen - was drei viertel der Schule auf der Tanzfläche praktizieren, erinnert eher an den Paarungsakt brünftiger Gorillas, als an aufgedrehtes Disco-Gehopse.

"Grinden" (bitte amerikanisch betonen) nennt sich diese Abart des bayrischen Befruchtungstanzes. Entstanden ist diese Form des Paartanzes wohl irgendwo zwischen Meso; und Paläozoikum. Ablaufen tut es ungefähr wie folgt:

Auf der Suche nach einem attraktiven Weibchen kämpft sich das Testosteronstrotzende Footballermännchen über die Tanzfläche, sorgsam bemüht die Konkurrenz im Auge zu behalten. Ist das Objekt der Begierde dann erspäht, beginnt das Andockmanöver. Erst versucht wird versucht durch zärtliches Annähern Interesse zu zeigen - besteht beim Weibchen ebenfalls der Drang zum Körperkontakt, so dreht es sich herum, leitet die Hände des mehr oder weniger aufgeregten Männchens um seine Hüfte, und beginnt sein eigenes Hinterteil möglichst nah am Schritt des Dreibeiners zu reiben. Befinden sich beide Tanzpartner dann in dieser Position, so schwingen sie ihre Hüften, rhytmisch zum Beat der Musik. Ein Bild für die Götter!

Irgendwie hat mich das Ganze als zivilisierter Mitteleuropäer gleichermaßen fasziniert wie auch abgeschreckt. Sorgsam habe ich mal folgendes recherchiert.


Gewundert hat es mich da nicht als nach etwa einer Stunde Jo, ein Junge aus meinem Französischkurs, relativ verwirrt vor mir auftauchte und (wortwörtlich) davon berichtete, im Hinteren Teil der Tanzfläche vergewaltigt worden zu sein -  er versuchte, sich seinen Weg durch ein Paar herumgrindende Pärchen zu bahnen. Wenigstens das Paartanzen (was hat das auf einer "Party" zu suchen) konnte ich als Deutscher da noch gut heißen! 


Andererseits kann ich die Amis ja auch verstehen. Hier ist die Anzahl an Partys schon durch Distanz, Ausgangssperre und "Drinking-Age" beschränkt und nackte Haut im Fernsehen wird ebenfalls als ein Vergehen an der Menschheit betrachtet. Dass sich da einiges an Energie aufstaut? Verständlich. Helfen tut da wohl nur Eines - Augen zu und durch. So schlecht sehen einige Amerikanerinnen nun auch wieder nicht aus ;)


Naja, die richtigen Partys steigen sowieso erst nachdem die Formalitäten des Schul-Homecomings geklärt sind. Wir also rein ins Auto, Ipod angeschlossen und den Bass soweit aufgedreht, dass die Frisur anfängt zu wackeln. Um aber mal mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen - das, was sich am Rest des Abends ereignet hat, war weder ein Alkoholexzess, noch hat es damit geendet, dass einer von uns eine Nacht in der Polizeiwache verbringen musste. 


Vielmehr sah es so aus, dass wir um Mitternacht zum 24 Stunden Breakfast-Buffet im Nachbarort gefahren sind und dort den Abend gemütlich bei Milch und Pancakes ausklingen lassen haben. Wahnsinn. Europäischer Einfluss Mangelware. 


War aber trotzdem ganz lustig!




Genießt den Anblick, so seriös gibt es mich die nächsten Monate nicht mehr zu sehen! Schade, dass es meine feshen Lederschuhe nichtmehr auf's Bild geschafft haben.


Adios!